Du möchtest beim Verfassen deiner wissenschaftlichen Arbeit qualitative hochwertige und relevante Quellen aus Zeitschriften nutzen? Während der Literaturrecherche können dir Journal-Rankings dabei helfen, solche Quellen zu identifizieren und besonders gezielt vorzugehen. Dieser Beitrag erklärt dir die Ziele von Journal-Rankings. Er nennt wichtige Journal-Rankings, v.a. für die deutschsprachigen BWL. Außerdem erfährst du, wie dir Journal-Rankings während der Literaturrecherche helfen können und welche Einschränkungen du bei der Nutzung von Journal-Rankings beachten solltest.
Was sind die Ziele von Journal-Rankings?
Journal-Rankings verfolgen den Zweck, die Qualität der in einer Zeitschrift veröffentlichen Artikel zu bewerten. Dazu zählt klassischerweise die methodische Qualität und der theoretische Erkenntnisgewinn der einzelnen Publikationen. Zunehmend gibt es auch Bestrebungen, Aspekte wie die praktische Relevanz und die Qualität des Begutachtungsprozesses (Peer-Review, siehe auch hier) der Zeitschriften einzubeziehen. Allerdings sind die letztgenannten Aspekte bisher noch nicht in den gängigen Journal-Rankings abgebildet.
Journal-Rankings können dir beim Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit wichtige Anhaltspunkte über die Qualität einer Quelle geben. Darüber hinaus nutzen wissenschaftliches Communities sie in der Praxis häufig zur Bewertung der Publikationsleistung einzelner Forscher:innen oder ganzer Abteilungen bzw. Universitäten.
Welche wichtigen Journal-Rankings gibt es in der BWL?
Länderspezifische Journal-Rankings
Innerhalb der BWL gibt es verschiedene, oft länderspezifische Journal-Rankings:
- Deutschland: VHB-Journal-Ranking
- Großbritannien: Academic Journal Guide (AJG)
- Australien: ABDC Journal Quality List
- USA/weltweit: Clarivate Analytics Impact Factor (Achtung: Zugriff nur mit Account), Financial Times (FT) Ranking, hochschuleigene Listen
Aufgrund ihrer Relevanz für den deutschsprachigen Raum erläutere ich nachfolgend das Wichtigste zum VHB Journal-Ranking und dem Impact-Factor. Wenn du Journal-Rankings während der Literaturrecherche zu einem BWL-Thema nutzen willst, empfehle ich die Orientierung an diesen Rankings. Auch andere Disziplinen (z.B. Medizin) nutzen den Impact-Factor zur Bewertung von Zeitschriften.
VHB Journal-Ranking
Der VHB (Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V.) vereinigt Wissenschaftler:innen aus dem Bereich BWL. Diese Mitglieder haben wichtige Fachzeitschriften der BWL bewertet. Aufgrund dieser Bewertung ist das VHB Journal-Ranking, auch “VHB-JOURQUAL” genannt, entstanden. Das Ranking wird regelmäßig aktualisiert, die aktuelle Version heißt “VHB-JOURQUAL3“.
Die Bewertung der Zeitschriften erfolgt dabei durch die Eingruppierung in die Kategorien A+ bis D. A+ steht dabei für die höchste Wertung, A für die nächste höchste Wertung, D für die niedrigste. Die Zeitschrift “Academy of Management Journal” (A+) wird somit sehr hoch bewertet, die Zeitschrift “Scandinavian Journal of Management” (B) niedriger.
Innerhalb des VHB Journal-Rankings gibt es noch verschiedene Teilratings. Diese beziehen sich auf Subdiziplinen der BWL (z.B. Entrepreneurship-Forschung vs. Wirtschaftsinformatik). Für unterschiedliche Subdiziplinen können verschiedene Zeitschriften wichtig sein, die in das jeweilige Teilrating eingeschlossen sind. Die verschiedenen Subdiziplinen nutzen Abkürzungen – z.B. ABWL für “Allgemeine Betriebswirtschaftslehre” oder WI für “Wirtschaftsinformatik”. Eine Zeitschrift kann in unterschiedlichen Teillisten auftauchen (also für unterschiedliche Subdisziplinen relevant sein), erhält aber nur eine Bewertung auf allen Teillisten (ein mit A bewertetes Journal ist somit auch auf unterschiedlichen Listen ein A-Journal). Die Teilratings für die einzelnen Subdiziplinen finden sich hier.
Impact-Factor
Der Journal Impact-Factor ist eine errechnete Zahl, die den Einfluss einer Zeitschrift widerspiegelt. Die Bewertung des Einflusses einer Zeitschrift erfolgt dabei über die durchschnittliche Zitationshäufigkeit der Artikel in der Zeitschrift. Je höher der Impact-Factor, desto häufiger werden Artikel dieser Zeitschrift im Durchschnitt pro Jahr zitiert.
Trotz verschiedener Limitationen wird der Impact-Factor häufig zur Bewertung von Zeitschriften und Artikeln genutzt. So misst der Impact-Factor nicht direkt die Qualität eines Artikels – ein Artikel kann z.B. auch häufig zitiert werden, weil andere Forscher:innen seinen Inhalt kritisieren oder die Autorin besonders bekannt ist. Dennoch Eine weitere Einschränkung des Journal Impact-Factors ist, dass ein Durchschnitt über alle Artikel der Zeitschrift errechnet wird. D.h. es gibt einzelne Artikel, die sehr häufig zitiert werden und damit zur Steigerung des Journal Impact-Factors beitragen. Andere Artikel werden hingegen nie oder seltener zitiert. Der Impact-Factor kann darüber nichts sagen. Über die Zitationshäufigkeit eines einzelnen Artikels kann übrigens Google Scholar Aufschluss geben. Dabei ist es wichtig zu beachten, wann der Artikel veröffentlicht wurde.
Der am häufigsten genutzt Dienst zur Messung von Journal Impact-Faktoren ist der Clarivate Analytics Impact Factor (früher: Thompson Reuters Impact-Factor). Die Seite von Clarivate Analytics, die eng mit der Datenbank Web of Science verknüpft ist, kann nur über hochschuleigene Zugänge aufgerufen werden. Im dort verfügbaren Journal Citation Report kann der sich jährlich ändernde Impact-Factor einer Zeitschrift abgerufen werden. Häufig findet sich dieser Impact-Factor aber auch direkt auf der Website einzelner Zeitschriften. Nicht alle Zeitschriften sind bei Web of Science “gelistet”. Die Listung gilt daher in manchen wissenschaftlichen Teildisziplinen schon als erstes Qualitätsmerkmal.
Innerhalb von Web of Science existieren verschiedene Kategorien, in denen für diese Kategorie relevante Zeitschriften zusammen gefasst sind. Die Zeitschriften können dann innerhalb einer Kategorie nach der Höhe ihres Impact-Factors gerankt werden. Relevante Teilkategorien für den Bereich BWL sind z.B. “Business” und “Management”. Beachte auf jeden Fall bei einer Literaturrecherche diese Kategorien, weil du sonst eine Vielzahl irrelevanter Treffer aus anderen Fachdisziplinen analysieren musst.
Wie können Journal-Rankings für eine wissenschaftliche Arbeit genutzt werden?
1) Bewertung der Qualität einer Zeitschrift
Du kannst Journal-Rankings dazu nutzen, die Qualität einer Zeitschrift einzuschätzen. Ein Artikel in einer gut gerankten Zeitschrift hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine gewisse inhaltliche und methodische Qualität. Daher kann es für dich sinnvoll sein, nur Artikel aus gut gerankten Zeitschriften in deiner Arbeit zu nutzen. Damit kannst du – sofern dies im Einklang mit der Fragestellung deiner Arbeit steht – den Aufwand der Literaturrecherche erheblich reduzieren. Hierbei kannst du – ggf. nach Rücksprache mit der Betreuer:in der Arbeit – bestimmte Grenzwerte festlegen. Z.B. könntest du nur Zeitschriften verwenden, die im VHB-Ranking mit mindestens B bewertet sind.
Außerdem erhältst du eine gewisse Sicherheit, dass eine Zeitschrift, die in einem anerkannten Journal-Ranking gelistet ist, eine echte Zeitschrift und kein Predatory bzw. Fake Journal ist. Predatory Journals veröffentlichen Artikel gegen Bezahlung, unabhängig von der wissenschaftlichen Qualität des Inhalts. Artikel in solchen Zeitschriften solltest du also nicht als Quelle für die eigene Arbeit heranziehen.
2) Identifikation von wichtigen Zeitschriften für die eigene Arbeit
Journal-Rankings können dir auch dabei helfen, überhaupt erst wichtige Zeitschriften für die eigene Arbeit zu identifizieren. Dies bietet sich v.a. dann an, wenn du dich neu in ein Forschungsgebiet einarbeitet und nicht weißt, welche Zeitschriften hier besonders relevant sind. Sobald du die wichtigen Zeitschriften deiner Disziplin kennst (z.B. die hoch gerankten Zeitschriften der Teildisziplin Wirtschaftsinformatik), kannst du gezielt nur in diesen Zeitschriften die Literaturrecherche zu deinem Thema durchführen. Entweder direkt auf der Seite der Zeitschrift oder über eine gezielte Nutzung von Suchmaschinen.
Pros und Caveats der Nutzung von Journal-Rankings
Journal-Rankings besitzen verschiedene Vorteile für das Verfassen deiner wissenschaftlichen Arbeit (siehe Pros in der Tabelle). Gleichzeitig gibt es aber auch Einschränkungen bei der Nutzung von Journal-Rankings, die du für deine eigene Arbeit unbedingt kennen solltest.
Hierzu gehört die Frage, ob der Impact-Factor tatsächlich die Qualität einer Zeitschrift misst (siehe oben). Gleichzeitig sind relevante, aber erst kürzlich erstmals erschienene Zeitschriften noch nicht in den entsprechenden Journal-Rankings gelistet bzw. haben noch keine Impact-Factor. Eine fehlende Listung ist also nicht automatisch mit einem Predatory Journal gleichzusetzen. Nischenthemen sind ein weiterer Sonderfall. Häufig sind Zeitschriften, die vor allem zu diesem Thema publizieren, aufgrund ihrer fehlenden Relevanz für die breite Masse nicht hoch in Journal-Rankings bewertet. Gleichzeitig können sie aber sehr wichtig für dein Thema sein! Wenn du in einem solchen Fall nur in hoch gerankten Journals suchst, verpasst du wahrscheinlich wichtige Beiträge zu deinem Thema.
Falls deine Arbeit einem interdisziplinären Ansatz folgt, solltest du beachten, dass die Impact-Faktoren aus verschiedenen Disziplinen (z.B. BWL vs. Medizin) oft nicht vergleichbar sind. Das liegt daran, dass sich der Impact-Factor über die Häufigkeit der Zitation berechnet. Disziplinen unterscheiden sich hier nicht nur in ihrer Zitationskultur. Auch die Anzahl der in einer Disziplin tätigen Forscher:innen entscheidet darüber, wie häufig eine Arbeit im Durchschnitt zitiert wird. Zeitschriften in der Medizin haben beispielsweise einen tendenziell eher höheren Impact-Factor als Zeitschriften in der BWL.
Pros
- Können dich dabei unterstützen, für die eigene Disziplin relevante Zeitschriften zu identifizieren.
- Erlauben dir eine schnelle Einschätzung der Qualität von Zeitschriften und dort publizierten Artikeln.
- Helfen dir, Predatory Journals zu erkennen und auszuschließen.
Caveats
- Verwende Journal-Rankings nicht gedankenlos: Die Bewertung im Ranking ist nicht immer automatisch mit Qualität gleichzusetzen (v.a beim Impact-Factor).
- Wenn du an einem Nischenthema arbeitest: Solche Themen werden oft in Zeitschriften publiziert, die eine hohe Qualität haben, aber in allgemeinen Journal-Rankings aufgrund des Spezialthemas niedrig oder gar nicht gerankt sind.
- Die Fokussierung auf Journal-Rankings allein kann wichtige Artikel ausschließen: Auch neue Zeitschriften sind häufig noch nicht in Rankings enthalten.
- Beachte, dass Impact-Faktoren über Disziplinen nicht immer vergleichbar sind .
Fazit
Journal-Rankings können dich sehr gut dabei unterstützen, wichtige Zeitschriften zu identifizieren und eine erste Einschätzung der Qualität eines wissenschaftlichen Artikels zu erhalten. Sie können deine Literaturrecherche dadurch deutlich erleichtern. Gleichzeitig solltest du Journal-Rankings immer mit Bedacht verwenden, um keine wichtigen Erkenntnisse für deine Arbeit zu übersehen.
FAQ
Literatursuche
Auch das FT Journal-Ranking ist in der internationalen betriebswirtschaftlichen Forschung als Werkzeug zur Qualitätsbewertung von Zeitschriften anerkannt. Es enthält 50 wissenschaftliche Zeitschriften. Allerdings beinhaltet diese Liste die ganze Breite der Betriebswirtschaftslehre (von Marketing über Accounting bis hin zu Operations Research). Wenn du darauf abzielst, einzelne Journals für bestimmte Teildisziplinen zu identifizieren, bieten sich daher eher das VHB Journal-Ranking oder die Kategorien von Clarivate Analytics an.
Es gibt einige Gründe, warum du relevante Quellen für deine Arbeit auch in Zeitschriften suchen solltest, die in verfügbaren Journal-Rankings nicht zu den Top-Journals gehören. Dies trifft v.a. auf Nischenthemen zu, die häufig in Spezialjournals veröffentlicht sind. Diese Spezialjournals können allerdings wegen ihrer geringen Relevanz für einen Großteil der Forscher:innen einer Community nicht zu den Top-Journals der Disziplin gehören. Trotzdem können die Inhalte solcher Zeitschriftenbeiträge für deine Forschungsarbeit sehr relevant sein!
Darüber hinaus gibt es in manchen Disziplinen erst kürzlich zum ersten Mal erschienene Zeitschriften. Diese Zeitschriften können auch relevante Beiträge erhalten, aber selbst noch nicht in einem Journal-Rankings auftauchen (Aber: Vorsicht vor Predatory Journals!).
In jedem Fall bietet es sich an, dass du selbst grob die methodische Qualität eines Zeitschriftenbeitrages überprüfst. Keine Angst – niemand erwartet von dir, dass du hier ein Profi bis. Folgende Anhaltspunkte können dir aber schon helfen um zu erkennen, ob es sich um einen seriösen oder weniger seriösen wissenschaftlichen Text handelt: Stützt sich die Arbeit auf theoretische und/oder empirische Quellen, um Aussagen innerhalb der Arbeit zu belegen? Auf welcher Datengrundlage beruhen die Forschungserkenntnisse? Verwendet die Arbeit überhaupt eine Theorie? Unterliegt das Journal einem Peer-Review Prozess?
Darüber hinaus gilt: Eine kurze Nachfrage bei der Betreuer:in deiner Arbeit bzw. ein Blick in die formalen Vorgaben der Arbeit können dir wichtige Informationen liefern. Es gibt durchaus Betreuer:innen, die empfehlen, bei bestimmten Themen die Quellensuche auf die Top-Journals der Disziplin zu beschränken. Davon abgesehen gibt es auch Themen, für die andere Quellenarten wie etwa Bücher besonders wichtig sind (siehe hier).
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