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Wissenschaftliche Textarten für die gezielte Literaturrecherche kennen

Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften

Wissenschaftliche Fachzeitschriften veröffentlichen regelmäßig Artikel zu einem bestimmten Thema, das mehr oder weniger breit ist (z.B. alle Fragestellungen der Managementforschung vs. Fragen des Personalmanagements). Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften gehören in den meisten Disziplinen zu den wichtigsten Quellen. Dort findet die internationale, wissenschaftliche Diskussion zu einem Thema statt. Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften werden normalerweise vor ihrer Veröffentlichung durch andere Wissenschaftler:innen auf ihre Qualität geprüft (im sog. Peer-Review-Verfahren).

Du solltest also auf jeden Fall Artikel aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften in deine Arbeit einbeziehen. Warum? Erstens geben sie dir einen relativ aktuellen Einblick über den weltweit anerkannten Forschungsstand zu einem Thema. Zweitens wird dort häufig auch offener Forschungsbedarf genannt. Dies kann hilfreich für die Formulierung und Begründung des Ziels deiner eigenen Arbeit sein.

Es gibt sowohl deutsch- als auch englischsprachige Fachzeitschriften. Viele Wissenschaftler:innen stufen Artikel aus internationalen, also englischsprachigen Fachzeitschriften, als höherwertiger mit Blick auf Relevanz und Aktualität ein. Um herauszufinden, welche Fachzeitschriften in deiner Disziplin besonders angesehen sind, können dir Journal-Rankings helfen. Aber Achtung: Für manche Disziplinen und Themen sind auch deutschsprachige Zeitschriften sehr wichtig! Beispiele hierfür sind Artikel über das deutsche Gesundheitswesen oder Artikel über die deutsche Rechtsprechung.

Je nach Fragestellung deiner Arbeit kannst du zu Beginn deiner Literaturrecherche einer unübersichtlichen Anzahl von Artikeln gegenüberstehen. Um den Arbeitsaufwand handhabbar zu gestalten, bieten sich zwei Strategien zur Vorauswahl von Artikeln in wissenschaftlichen Fachzeitschriften an:

  1. Starte mit dem Lesen von Literaturreviews (also Zusammenfassungen bisheriger Studien). Danach kannst du besser einschätzen, welche weiteren Artikel und anderen Texte du in deine Literaturrecherche einbeziehen solltest.
  2. Konzentriere dich zunächst auf die Artikel in den relevantesten Zeitschriften. Das können die Kernzeitschriften deiner Disziplin seine (viele Themen werden in mehreren Disziplinen behandelt – starte mit deiner Disziplin) oder Artikel in besonders angesehenen Zeitschriften deiner Disziplin (bei der Auswahl können wieder Journal-Rankings helfen).

Beiträge in Sammelbänden

Sammelbände sind Bücher – und zwar Bücher, die Beiträge bzw. Kapitel von verschiedenen Autor:innen enthalten. Sammelbände befassen sich fast immer mit einem relativ konsistenten, übergeordneten Thema. Der Sammelband wird dabei von einem oder mehreren Herausgeber:innen veröffentlicht. Die Herausgeber:innen wählen die Beiträge der unterschiedlichen Autor:innen aus und unterziehen sie häufig auch einer Qualitätsprüfung.

Sammelbände können dir dabei helfen, einen guten Überblick über ein bestimmtes Thema zu erhalten. In manchen Disziplinen (z.B. der Soziologie) sind Beiträge in manchen Sammelbänden außerdem genauso anerkannt wie Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften.

Abhängig vom Ansehen von Sammelbandbeiträgen in deiner Disziplin und dem Thema solltest du also in Erwägung ziehen, Sammelbandbeiträge in deiner Arbeit zu verwenden. Darüber hinaus gibt es auch Themen, zu denen besonders regelmäßig in Sammelbänden publiziert wird. Die Sammelbandbeiträge sind damit ein wichtiger Teil der übergeordneten Debatte. Dies merkst du, wenn Sammelbandkapitel sich regelmäßig gegenseitig zitieren und auch eine Zitation in Fachzeitschriften stattfindet.

Monographien, Dissertationen, Lehrbücher

Bei Monographien, Dissertationen und Lehrbüchern handelt es sich ebenfalls um Bücher. Monographien werden von einem Autor/einer Autorin bzw. einem Autor:innenteam verfasst und betrachten einen wissenschaftlichen Gegenstand besonders detailliert. Dazu gehören auch als Monographie verfasste Dissertationen (es gibt auch sog. kumulative Dissertationen, die aus mehreren thematisch verwandten Artikeln in Fachzeitschriften bestehen). Dissertationen werden von Einzelautor:innen zur Erlangung des Doktorgrades publiziert. Lehrbücher werden dagegen meist von erfahrenen Professor:innen veröffentlicht und dienen dem gezielten Einsatz in der universitären Lehre.

Monographien haben den Vorteil, dass die Autor:innen sehr detailliert und breit auf ein Thema eingehen können. Dies ist in einem im Vergleich relativ kurzen Artikel in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift oft aus Platzgründen nicht möglich. Daher können Monographien großen Einfluss in einer wissenschaftlichen Disziplin ausüben. Viel zitierte Monographien gelten sogar oft als Standardwerke bzw. Klassiker und sind damit auch für deine wissenschaftliche Arbeit relevant. Aber auch jüngere, weniger einflussreiche Monographien bieten den Vorteil, ein Thema in großer Breite darstellen zu können.

Somit können Monographien, Dissertationen und Lehrbücher sehr hilfreich für dich sein: Sie können dich gut in die Breite eines Themas einführen und so Anhaltspunkte für die weitere Recherche geben. Häufig bieten sie gleichzeitig auch einen hervorragenden systematischen Überblick über den Stand der Forschung zum Veröffentlichungszeitpunkt.

Allerdings unterliegen Monographien meist nicht derselben wissenschaftlichen Qualitätsprüfung wie Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Und obwohl sie häufig zum Zeitpunkt ihres Erscheinens eine Vielzahl relevanter Quellen zitieren und zusammenfassen, können sie nach einigen Jahren nicht mehr den neuesten Wissensstand widerspiegeln. Daher solltest du nicht nur Bücher als Quelle deiner Arbeit heranziehen und deren Aktualität und Qualität kritisch reflektieren.

Artikel in praxisnahen Zeitschriften

Praxisnahe Zeitschriften veröffentlichen Artikel, die insbesondere Praktiker:innen als Zielgruppe haben. Je nach Zeitschrift basieren diese Beiträge auf wissenschaftlichen Studien oder auf dem Erfahrungswissen von anderen Praktiker:innen. Nicht immer ist dies transparent aus dem Artikel ersichtlich. Häufig kann man auch davon ausgehen, dass einige Artikel weniger hohen Qualitätsanforderungen als Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften unterliegen.

Artikel in praxisnahen Zeitschriften haben allerdings den Vorteil, dass sie aktuelle, praxisnahe Themen oft sehr zeitnah und damit schneller als wissenschaftliche Fachzeitschriften aufgreifen. In letztgenannten kann ein Publikationsprozess oft mehrere Jahre dauern, was sich einschränkend auf die Aktualität der Artikel auswirkt.

Praxisnahe Zeitschriften können somit zu einer wichtigen Quelle für deine wissenschaftliche Arbeit werden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es sich um ein aktuelles Thema handelt, dass durch Verzögerungen im Publikationsprozess noch nicht Eingang in wissenschaftliche Fachzeitschriften gefunden hat. Jedoch solltest du den Inhalt solcher Artikel immer kritisch mit Blick auf die Glaubwürdigkeit und allgemeine Gültigkeit der Ergebnisse prüfen.

Webseiten und Blogs

Webseiten unterschiedlicher Art können eine weitere Quelle für deine wissenschaftliche Arbeit sein. Dabei können z.B. wissenschaftliche Blogs eine große Rolle spielen. Hier werden häufig aktuelle wissenschaftliche und methodische Debatten aufgegriffen und von verschiedenen Forscher:innen diskutiert. Da die Veröffentlichung in einem Blog sehr schnell geht, kann hier eine sehr hohe Aktualität gegeben sein. Die aktuellsten wissenschaftlichen Diskussionen finden sich teilweise auch auf Twitter.

Allerdings unterliegen solche Beiträge normalerweise keinerlei Qualitätsprüfung. Sie können aber wichtige Einsichten über aktuelle Themen und die darum stattfindende Debatte leisten und daher ggf. auch als Quelle – oder zumindest Inspiration – für deine wissenschaftliche Arbeit in Frage kommen.

Darüber hinaus können bestimmte Webseiten auch wichtige Definitionen für empirische Phänomene sowie einmalige Informationen zu gesellschaftlich relevanten, statistischen Auswertungen enthalten. Hier ist es aber wichtig darauf zu achten, dass es sich um einen seriösen Anbieter der Webseite handelt (im Bereich Gesundheitswesen z.B. das Robert Koch-Institut).

Achtung: Wikipedia gilt im Normalfall in wissenschaftlichen Arbeiten als nicht zitierfähig. Dennoch können einige Wikipedia-Artikel ein guter, wenn auch kritisch zu betrachtender Startpunkt für deinen ersten Einstieg in ein neues Thema sein. Zur Zitation allgemeiner Definitionen können statt Wikipedia von einem Verlag veröffentlichte (Online-)Lexika herangezogen werden (z.B. das Gabler Wirtschaftslexikon für den Bereich BWL).

Fazit

Es gibt verschiedene Arten von wissenschaftlichen Texten bzw. Quellenarten, die unterschiedliche Zielgruppen adressieren und unterschiedlichen Qualitätsanforderungen unterliegen. Beim Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit solltest du dir über diese Unterschiede bewusst sein. Nachfolgend findest du noch mal einen kurzen Überblick über die unterschiedlichen Textarten und ihre mögliche Verwendung in deiner Arbeit.

  • Relativ kurze Artikel im Einklang mit dem thematischen Fokus der Zeitschrift
  • Pros: meist qualitätsgeprüft, aktueller Forschungsstand, hohe Bedeutung in der wissenschaftlichen Debatte
  • Verwendung: gezielte Verwendung in deiner Arbeit; häufig die wichtigste Quellenart
  • Kapitel aus einem Buch mit einer Sammlung von Beiträgen zu einem bestimmten Thema
  • Pros: Sammelband bietet guten Überblick zu einem Thema, teilweise hohe Bedeutung einzelner Beiträge in der wissenschaftlichen Debatte
  • Verwendung: helfen für Überblick; Verwendung, wenn wichtiger Teil der Debatte zum Thema deiner Arbeit
  • Vertiefte Behandlung eines Themas in einem Buch
  • Pros: breite und systematische Betrachtung eines Themas
  • Verwendung: um tiefen Einblick in das Thema zu gewinnen; oft Klassiker zu einem Thema (verwenden!); Aktualität und Qualität kritisch hinterfragen; nicht als einzige Quellenart nutzen
  • Verhältnismäßig kurze Artikel mit sehr praxisorientiertem Inhalt
  • Pros: häufig sehr aktuell
  • Verwendung: mögliche Qualitätseinschränkungen beachten; v.a. bei hoher Relevanz für eigene Fragestellung und wenig alternativen Quellen verwenden
  • Unterschiedlicher Art, v.a. relevant: aktuelle wissenschaftliche Debatten und Statistiken
  • Pros: häufig sehr aktuell, ggf. einmalige Informationsquelle (z.B. Statistiken)
  • Verwendung: mögliche Qualitätseinschränkungen betrachten, gezielte Auswahl von vertrauenswürdigen Webseiten; (Online-)Lexika statt Wikipedia verwenden

Welche Textarten du für deine Arbeit verwenden solltest, hängt immer von der wissenschaftlichen Fragestellung und der Verfügbarkeit aller Quellenarten zu dem jeweiligen Thema ab. Während sich ein Literaturreview vielleicht nur auf Texte in wissenschaftlichen Fachzeitschriften konzentriert, wird eine empirische Arbeit über ein neues, hochaktuelles Thema vielleicht auch Texte aus praxisnahen Zeitschriften und von Webseiten einbeziehen.

Am Ende ist es wichtig, dass du alle relevanten Quellen identifiziert und sie effizient sowie reflektiert in deine Arbeit einbindest. Das effiziente Einbinden in die Arbeit bedeutet, dass du aus der Vielzahl der verfügbaren Quellen die für deine Fragestellung wichtigsten auswählst. Ggf. kann dir hier auch ein Gespräch mit dem oder der Betreuer:in deiner Arbeit Orientierung verschaffen. Ein reflektierter Einbezug bedeutet, dass du dein Vorgehen für die Auswahl der Quellen gut begründen kannst. Das kann z.B. auch bedeuten, dass du in der Diskussion deiner Arbeit deutlich machst, dass die Anzahl und Qualität der verfügbaren Quellen limitiert ist und du daher auch Artikel aus praxisnahen Zeitschriften einbezogen hast.

Als grobe Faustregel kann ich dir mitgeben: Wenn es sich nicht um ein sehr junges Forschungsthema handelt, sollte deine Arbeit in jedem Fall überwiegend Texte aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften einbeziehen. Je nach Fragestellung sind zusätzlich auch Beiträge aus Sammelbänden, Monographien oder praxisnäheren Veröffentlichungen relevant. Insbesondere die Klassiker zu einem Thema sind häufig Monographien und gehören dann in deine Arbeit! Webseiten finde ich v.a. im Prozess der Literaturrecherche hilfreich – und unumgänglich, wenn es um bestimmte aktuelle Statistiken geht.

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